ESG ist nicht nur ein Booster für den Fondsabsatz. Auch für die Anbieter von Informationen zur ökologischen und ethischen Beurteilung von Emittenten erschließt sich ein riesiges Geschäftsfeld. Umfangreiche Daten sind nämlich zur Prüfung von Anlage- und Erwerbsgrenzen in tausenden von Investmentvermögen notwendig. Der Lizenzpreis für den Bezug dieser Attribute, wie z.B. Karbonintensität oder Umsatzanteil im Rüstungsbereich, übersteigt allerdings nicht selten den Erlös für Verwahrstellen aus solchen Mandaten um ein vielfaches. Als Ergebnis bleiben viele ESG-Überwachungen in den Grenzprüfungssystemen blinde Flecken.
Aufsichtsrechtlich lässt sich die Pflicht zur Überwachung von ESG-Restriktionen für Verwahrstellen nicht diskutieren. Bleibt zu hoffen, dass im Rahmen einer Aktualisierung des Verwahrstellenrundschreibens sich die BaFin zu möglichen Verfahren äußert und dabei Raum für praktikable Lösungen gewährt.
Auf europäischer Ebene hat man das Thema bereits aufgegriffen. So wird im ESMA Supervisory briefing (ESMA34-45-1427 https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma34-45-1427_supervisory_briefing_on_sustainability_risks_and_disclosures.pdf) sowohl Stellung bezogen zu Prüfumfang als auch zu Prüfverfahren. Die ESMA weist darauf hin, dass Verwahrstellen „…alle ESG-bezogenen Anlagebeschränkungen in die Überwachung der Einhaltung der von der Verwaltungsgesellschaft oder dem Anlageverwalter erteilten Anweisungen einbeziehen sollten…“ und führt weiter aus, dass „die NCAs sicherstellen sollten, dass der bestellten Verwahrstelle von den OGAW-Verwaltungsgesellschaften und AIFMs alle relevanten Informationen und Daten zur Verfügung gestellt werden, damit sie die entsprechenden Verwahrfunktionen wirksam ausüben kann.
Nun wird lizenzrechtlich die Bereitstellung der ESG-Daten durch die KVG kaum möglich sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die Mehrheit der Kapitalverwaltungsgesellschaften im Rahmen einer BaFin Studie dem ESG-Datenbezug hohe Kosten, mangelnde Qualität, und schlechte Vergleichbarkeit attestieren (BaFin – Aktuelles – BaFin-Marktstudie).
Dies erschwert die Etablierung automatisierter Kontrollprozesse massiv, da jede KVG eine entsprechend ihrer fachlichen Interpretation und im Rahmen des verfügbaren Datenuniversums die ESG-Restriktionen und Vorgaben aus Vertrag oder Prospekt in Systemen und Datenbanken zur Prüfung von Anlagegrenzen umsetzt. Bei einer unabhängigen Grenzprüfung durch die Verwahrstelle in deren Systemen wird es zwangsläufig zu systematischen Abweichungen in den Ergebnissen kommen. Die Recherche und Abstimmung um tatsächlich relevante, risikotragende Verletzungen erkennen zu können, wird aufwendig. Je mehr KVGn, desto größer wird der Heuhaufen, in dem es die Nadel zu finden gilt.
Dagegen erscheinen aktuelle Konzepte, die eine verfahrensbezogene Kontrolle der Umsetzungen bei den KVGn vorsehen, als pragmatische, effizientere Lösung. Wichtig ist bei diesen „Due Diligence“-Ansätzen, dass die Verwahrstelle klare, dokumentierte Vorstellungen davon hat, wie interne Kontrollen bei der KVG eingerichtet sein sollten, um eine vollständige und korrekte Überwachung der ESG-Restriktionen zu gewährleisten.
Während sich weder in Luxemburg noch in Deutschland ein Verband mit Lösungsvorschlägen aus der Deckung wagt, wird in Irland versucht, mit pragmatischen Best-Practise-Ansätzen das aufsichtsrechtliche Feld zu bespielen, bevor Gestaltungsräume regulatorisch besetzt sind. Hierzu hat der Irische Verwahrstellenverband ein Konzept erarbeitet. Darin werden Kontrollverfahren in Form von Auswahl, Überwachung und Monitoring skizziert und auf die Abstimmung bei Verletzungen sowie das Reporting eingegangen. ESG_depositary duties EN_DE