Auf den ersten Blick scheint überraschend, dass die Aufgabe zur Kontrolle der Anlagegrenzen nicht mehr explizit, analog zum § 27 (1) Nr 5 InvG, im KAGB auftaucht. Das neue Gesetz hält die Formulierung allgemeiner und sich damit eng an die Richtlinie:
„§ 83 Kontrollfunktion (für AIF-Verwahrstellen)
(5) Die Verwahrstelle hat die Weisungen der AIF-Verwaltungsgesellschaft auszuführen, sofern diese nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder die Anlagebedingungen verstoßen.“
Dass sich daraus Pflichten zur Überwachung von Limiten, auch das Marktrisikolimit, als „Unterfall“ ableiten lassen, hatte die BaFin in ihrer Klarstellung zur Prüfpflicht der Depotbank bezüglich Derivateverordnung bereits verdeutlicht (siehe BaFin-Mail an die Verbände vom 02.11.2011).
Auf einen zweiten Blick wird deutlich, dass diese allgemeine Regelung in Verbindung mit den Ausführungen in der Level II-Verordnung durchaus noch einen Schritt weiter gehen können als die bisher geforderte Kontrolle des Marktrisikopotentials durch die Depotbank:
„Artikel 95 (AIFMD Level II Verordnung vom Dez 2012) Pflichten hinsichtlich der Ausführung von Anweisungen des AIFM
Um den in Artikel 21 Absatz 9 Buchstabe c der Richtlinie 2011/61/EU genannten Anforderungen nachzukommen, erfüllt die Verwahrstelle folgende Aufgaben:
(a) sie schafft geeignete Verfahren und wendet diese an, um zu prüfen, ob AIF und AIFM die geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie Vertragsbedingungen und Satzung des AIF einhalten. Die Verwahrstelle wird insbesondere überwachen, ob der AIF die in seinen Emissionsunterlagen festgelegten Anlagebeschränkungen und Beschränkungen von Hebelfinanzierungen einhält. Diese Verfahren müssen der Art, dem Umfang und der Komplexität des AIF angemessen sein;“
Auch wenn wir b.a.w. davon ausgehen, dass der Prüfzeitpunkt für Weisungen der Verwaltungsgesellschaft bei in kurzer Zeitspanne abzuwickelnden Geschäften „ex-post“ bleiben wird, lässt die Formulierung in der Level II Verordnung wenig Interpretation bezüglich des Prüfumfanges zu. Demnach hat die Verwahrstelle zu kontrollieren, ob geltende Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie vertragliche Anlagebeschränkungen eingehalten sind. Insoweit entspricht dies den bisherigen Regelungen zur Kontrollpflicht von vertraglichen und gesetzlichen Anlagegrenzen. Mit dem Hinweis auf die Rechtmäßigkeitskontrolle stellte die BaFin in ihrer Mitteilung vom 02.11.2011 klar, dass neben diesen Anlagegrenzen auch das Marktrisikopotential nach einfachem Ansatz von der Depotbank zu kontrollieren sei.
Die Pflicht der Verwahrstelle zur Überwachung des Hebels (Leverage) im Portfolio geht jedoch darüber hinaus und kann durchaus weiteren Anpassungsbedarf für die Prozesse und Systeme der Verwahrstelle auslösen, soweit dies denn überhaupt abzubilden ist. Zwar sind Festlegung, Veröffentlichung und Berechnung der Hebelfinanzierung mit dem Instrumentarium zur Risikomessung und Risikosteuerung der Gesellschaft zu organisieren. Denn bereits in der aktuellen Fassung der Derivateverordnung ist gefordert, in den Verkaufsprospekt Angaben zu der zulässigen Hebelfinanzierung als Hinweis auf den Investitionsgrad aufzunehmen (§28a Abs. 2 DerivateV). Interessant sind in diesem Zusammenhang allerdings die BaFin-Erläuterungen zu diesem Abschnitt: „Zum Zwecke der Transparenz gegenüber den Anlegern ist daher im Verkaufsprospekt die erwartete Hebelwirkung aufzuzeigen. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine zusätzliche Anlagegrenze. In dem Verkaufsprospekt kann entweder auf die erwartete maximal mögliche Hebelwirkung abgestellt werden, oder es wird die üblicherweise erwartete Hebelwirkung dargestellt, jedoch verbunden mit dem Hinweis, dass die Hebelwirkung Schwankungen unterliegt und daher unter bestimmten Marktbedingungen (z.B. geringer Marktvolatilität) auch höhere Hebelwirkungen erreicht werden können.“
Im Prospekt ist der Ziel-Hebel dann beispielsweise wie folgt formuliert: „Das Sondervermögen hat vss. im Mittel einen Hebel von 0,12, im Maximum einen Hebel von 0,38 und im Minimum einen Hebel von 0,00. Die Hebelwirkung unterliegt Schwankungen. Daher können unter bestimmten Marktbedingungen (z.B. geringer Marktvolatilität) auch höhere Hebelwirkungen erreicht werden.“
Die Mehrzahl der Verwahrstellen verfügt vermutlich nicht über die zur angemessenen Überwachung der Hebelwirkung notwendige Infrastruktur. Nicht nur die Frage der Möglichkeiten sondern insbesondere auch der Sinnhaftigkeit i.S.v. Anlegerschutz drängt sich auf, wenn man die Vorgaben zur Berechnung von Hebel und Risiko in der EU-Verordnung liest. Viele der Regelungen sind im Kontext des gesamten Risikomanagements der Gesellschaft zu sehen und zudem unterscheiden sich die Berechnungsvorgaben für AIF und OGAW. Eine isolierte Betrachtung von durch die Verwahrstelle ermittelten Hebel-Werten, insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgaben zu Netting und Hedging, liefert hier wenig Mehrwert. Ebenso muss für die Vergleichbarkeit von Ergebnissen die Anrechnung für bestimmte Derivaten einheitlich erfolgen. Die Verwahrstelle muss also ihre Hebelberechnungen „mandantenspezifisch“ konfigurieren.
Dennoch zeichnet sich ab, dass Regulierungsansätze, sei es UCITS VI, Schattenbanken oder Reformen zur Einlagensicherung immer weniger auf konkrete Anlage-Instrumente und Geschäftsarten zielen sondern vermehrt darauf abstellen, welche Wirkung auf Hebel und Risiko jeweils davon ausgeht. Da liegt es nahe, Vorgaben zur Zulässigkeit an diesen Kenngrößen festzumachen.
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