Heute hat das BMF den Gesetzentwurf zum KAGB auf seiner Web-Seite veröffentlicht, der auf den ersten Blick dem Bearbeitungsstand vom 30.10. entspricht. Enttäuschend wird von vielen Experten gewertet, dass auch nach der Überarbeitung die interpretationswürdigen Aussagen zur Auslagerung von (Teil)Prozessen im Rahmen der Depotbankkontrollaufgaben keine Konkretisierung erfuhren. In ihrer Stellungnahme zum ersten Entwurf hatte die „Deutsche Kreditwirtschaft“ bereits darauf hingewiesen, dass eine Analogie von Auslagerung und Unterverwahrung bei der Definition von Beschränkungen nicht zielführend sein kann, da Unterverwahrung keine Auslagerung im bankaufsichtsrechtlichen Sinne ist. Vor diesem Hintergrund werden Fragen aufgeworfen, deren Beantwortung auf Basis aktueller Veröffentlichungen zumindest schwierig erscheint. Daraus resultieren Unsicherheiten, die ganz wesentlich auf die von vielen Depotbanken innerhalb der vergangenen Monate kosten- und aufwandsintensiv umgesetzten prozessualen und organisatorischen Zielbilder ausstrahlen.
Wie so oft, entsteht die Verwirrung mit der Übertragung und Umformulierung aus der Richtlinie in Gesetzestext. Im vorliegenden Beispiel wurde aus „delegate“ in der englischen Fassung der AIFMD „übertragen“ in der deutschen Übersetzung und dann „auslagern“ im Gesetzentwurf:
AIFMD, deutsche Fassung, Abschnitt 4, Artikel 21 (11): „Die Verwahrstelle darf ihre in diesem Artikel festgeschriebenen Funktionen nicht auf Dritte übertragen, hiervon ausgenommen sind die in Absatz 8 (Anm.: Verwahrung) genannten Aufgaben.“
Stand Juli 2012: § (69) 78 Abs (4) KAGB: „Andere Aufgaben als die Verwahrungsaufgaben nach § (68) 77 darf die Verwahrstelle nicht auslagern.“
Stand Nov 2012: § (69) 78 Abs (4) KAGB: „Mit Ausnahme der Verwahrungsaufgaben nach § (68) 77 darf die Verwahrstelle ihre nach diesem Unterabschnitt festgelegten Aufgaben nicht auslagern.“
Stand 12.12.2012: § (73) 82 Abs (4) KAGB: „Mit Ausnahme der Verwahrungsaufgaben nach § (72) 81 darf die Verwahrstelle ihre nach diesem Unterabschnitt festgelegten Aufgaben nicht auslagern.“
Höhere Hürden für Outsourcing?
Ohne weiterführende Auslegung durch die Aufsicht würde dies bedeuten, die im Unterabschnitt beschriebenen Aufgaben dahingehend zu analysieren, inwieweit im jeweils aktuellen Depotbank Prozess- Set Up ein Auslagerungssachverhalt zu identifizieren wäre. Neben Ausgabe und Rücknahme von Anteilen, Zahlung & Lieferung sowie zustimmungspflichtige Geschäfte sind es wohl insbesondere die Kontrollaufgaben, zu deren Durchführung in der Depotbankpraxis vielfach Services von externen oder internen Einheiten bezogen werden. Sei es ein Provider zur Bewertung illiquider Instrumente (z.B. Value&Risk), eine interne Konzerneinheit, die die Ergebnisse der Marktgerechtheits- oder Grenzprüfung bereit stellt oder eine im Ausland ansässige Niederlassung, die im Rahmen des Fund Accouting die Preisberechnung oder ein Reconciliation durchführt. Und da von der Aufsicht das Kontroll-Verfahren nach Modell 1 als Beispiel für einen Auslagerungssachverhalt dargestellt wird, wurde der Wortlaut des KAGB nun bereits dahingehend interpretiert, diese Verfahren nicht weiter zu legitimieren. Tatsächlich kann eine individuelle Aufbereitung von Daten oder Systembereitstellung für die Depotbank als Beistellleistung der KAG angesehen werden, soweit dies über die aufsichtsrechtlich geforderte Informationsübermittlung hinausgeht. Die Unschärfe in der Abgrenzung von Modell 1 Verfahren und Auslagerungskontrolle ist spätestens dann aufzulösen, wenn eine Depotbank die Fonds der konzerneigenen KAG im Modell 1 Verfahren kontrolliert, gleichzeitig für weitere Fonds von konzernexternen KAGen nach Modell 2 verfährt und dazu auf die Infrastruktur der eigenen KAG zurückgreift. Bei wörtlicher Auslegung von Rundschreiben und KAGB müssten sich in diesen Fällen sowohl die Konzern-KAG als auch die externen Fonds eine andere Depotbank suchen – oder es wird ein weiteres Projekt budgetiert – wohl mehr zur Freude von Systemanbietern und Integratoren als zum Schutz von Anlegern.
Wackelt das Modell der reinen Master KAG?
Neben den Verwahrstellen sehen sich auch KVGs, die als reine Administrationsgesellschaften am Markt agieren, engen Regelungen zum Outsourcing ausgesetzt. Gefordert ist zur Zulassung nach der Begründung zum KAGB, dass Strukturen vorzuhalten sind, die zur Ausübung (i.S.v. „Fähigkeit zur Erbringung der Leistung“) von Portfolioverwaltungs- und Risikokontrollaufgaben notwendig sind, unbefangen davon, welche Teilaufgaben tatsächlich ausgelagert werden. Sollten die Aufgaben, die auf andere übertragen werden, in ihrer Gesamtheit substantiell die Aufgaben überwiegen, die in der KVG verbleiben, könnte dies zum Ergebnis einer unerlaubten „Briefkastenfirma“ führen. Ein besonderes Augenmerk bei der Beurteilung sollte hier m.E. auf die Risikoprozesse gelegt werden. Spätestens seit der InvMaRisk ist ein Risikomanagement bei den Gesellschaften implementiert, das als Aufgabe der Unternehmensführung die Strategie mit Risikovorgaben, Durchführung, Messung und Auswertung verzahnt. Hierbei sind Portfoliorisiko und Unternehmensrisiko im Hinblick auf die Zielerreichung zu synchronisieren. Auch ist eine Auslegung dringend notwendig, um den Teil des Risikocontrollings eingrenzen zu können, auf den sich die Vorgaben zur Auslagerung beziehen sollen.
Regelungen, die den Ausbau von Kernkompetenzen und das Auslagern von Teilaufgaben erschweren, stehen den mit UCITS IV verfolgten Zielen, nämlich das Erreichen von Skaleneffekten durch große Volumina mit geringeren Stückkosten, entgegen. Auch die Überlegungen zu UCITS VI, deren Inhalte als Roadmap kürzlich veröffentlicht wurden, legen nahe, dass ein Rahmen geschaffen werden soll, innerhalb dessen die Fondsadministration und Kontrolle grenzüberschreitend und damit kosteneffizient organisiert werden kann.
Neues Geschäftspotential mit geschlossenen Fonds?
Mit Erleichterung hingegen wurde in der Fondsbranche aufgenommen, dass im überarbeiteten KAGB die offenen Immobilienfonds eine weitere Chance bekommen und unter Berücksichtigung detaillierter Vorgaben zum Liquiditätsmanagement dieses Produkt weiter aufgelegt und angeboten werden darf. Dennoch werden die „Immofonds 2.0“ wenig mit den bisher genutzten Investmentmöglichkeiten zu tun haben sondern näher an geschlossene Fonds heranrücken. Auch bezüglich einiger anderer Vorgaben aus der AIFMD hat man im zweiten Entwurf den Inhalt der Europäischen Richtlinie mit Anpassungen umgesetzt, z.B. bei den Vorgaben zur Verwahrstelle für AIFs. Hier sind nun auch Zulassungen für Treuhänder vorgesehen, soweit der geschlossene AIF nicht in verwahrfähige Vermögensgegenstände investiert und eine Rücknahmeverpflichtung der Anteile innerhalb der ersten fünf Jahre nicht vorgesehen ist. Der beauftragte Treuhänder muss ausreichend berufliche und finanzielle Garantien bieten und einer gesetzlich anerkannten Registrierung oder berufsständigen Regeln unterliegen. Dies könnte bedeuten, dass das auf ca. 200 Mrd EUR geschätzte Volumen der künftig unter KAGB regulierten geschlossenen Fonds zumindest nicht zu 100% seinen Weg zu einer der bereits am Markt etablierten Kreditinstitut – Depotbank als Verwahrstelle finden muss. Abgesehen von den formaljuristischen Zulassungsvoraussetzungen, wird es für die Verwalter der geschlossenen Fonds mit ihren spezifischen Anforderungen nicht einfach werden, einen auf diese Bedürfnisse abgestimmten Serviceanbieter als Verwahrstelle zu finden. Eigentumsnachweis, Risikocontrolling und Bewertung für Windkraftanlagen oder Schiffe erfordern andere Verfahren und Modelle als im Geschäft mit Wertpapieren oder Derivaten.
Mehr Anfragen zu alternativen Produktklassen
Einige KAGen und Depotbanken konnten bereits Erfahrungen sammeln mit alternativen, nicht verwahrfähigen Vermögensgegenständen, die durch abnehmende Berührungsängste ihrer institutionellen Kunden zu diesen Investmentklassen in die Häuser schwappen. Plötzlich sind „Private Placement Memorandum“, „Limited Partnership Agreement“ oder „Subscription Documents“ zu analysieren, um das avisierte Investment rechtlich und wirtschaftlich einordnen zu können: Welche Rückgabe- oder Handelsmöglichkeiten für die Anteile gibt es? Welche Vorgaben im Zielfonds gibt es hinsichtlich Risikostreuung und unternehmerischen Einfluss auf die Portfoliounternehmen? Gibt es Anlagerestriktionen?…Als Ergebnis sollte klar sein, ob das Asset ein Anteil an einem geschlossenen Fonds ist, eine direkte Unternehmensbeteiligung oder ein nicht verwahrfähiger ausländischer Hedgefonds-Anteil und in welcher Art der Nachweis über die vom Sondervermögen erworbenen Rechte erbracht werden kann. Einer Klärung bedarf dann auch die Frage nach der Haftung der Depotbank für einen Verlust der Vermögensgegenstände für Fälle, in denen die KAG (im Namen des Fonds) in einem ausländischen Register eingetragen ist. Welche Risiken aus der Verwahrung sind für diese alternativen, nicht verwahrfähigen Vermögensgegenstände an die KAG zu übermitteln? Ist diese Übermittlung überhaupt noch notwendig, wenn die Depotbank ohnehin für den Verlust der Vermögensgegenstände in Lagerstellen oder Registern haftet? Was ist zu beachten, wenn das Konto eines ausländischen Kreditinstitutes aus technischen Gründen keinen Sperrvermerk vorsieht sondern als Paying Agent durch den Fonds für alle Anleger genutzt wird? Welche Zahlungen sind in diesem Fall wann und wie von der Depotbank nachzuvollziehen? Es liegt viel Arbeit auf den Tischen…sollte aber über Weihnachten bei Seite geschoben werden.
Das Gesetz finden Sie hier: ttp://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetzentwuerfe_Arbeitsfassungen/2012-12-12-aifml-Gesetzentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2
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