Zentralverwahrer als Auslagerungsunternehmen – kleines ESMA-Update mit großer Wirkung

Immer häufiger herrscht Verwunderung darüber, in welchem Umfang die europäische Wertpapieraufsicht ESMA gestalterisch in die regulatorischen Rahmenbedingungen der Investmentindustrie eingreift. Kaum mehr vergeht eine Woche, ohne dass eine Verlautbarung der Behörde zu gesetzgebenden Akten in der EU veröffentlicht wird. In diesem Rahmen erschien letzte Woche eine Aktualisierung des „Q&As“-Dokumentes zur AIFMD. Einleitend wird in diesem Dokument die Rolle der ESMA wie folgt beschrieben:

ESMA is required to play an active role in building a common supervisory culture by promoting common supervisory approaches and practices. In this regard, the Authority develops Q&As as and when appropriate to elaborate on the provisions of certain EU legislation or ESMA guidelines.”

In der Tat lässt die Aufsicht keine Zweifel aufkommen, dass sie ihre Rolle als „aktiv“ versteht – die aber aufgrund der Vielzahl von regulatorischen Änderungen und deren Verzahnung immer höhere Anforderungen an die Durchdringung von Abhängigkeiten und Seiteneffekten stellt. Mit ihrer Feststellung, dass ein Zentralverwahrer für AIF-Assets als ein von der AIF-Verwahrstelle im Rahmen einer Auslagerung beauftragtes Unternehmen anzusehen ist, durchbricht die ESMA die bisherige Aufsichtslogik, die auf die Nutzung von Wertpapierabrechnungs- und Liefersystemen abstellt:ESMA CSD

Da die Mehrzahl der registrierten CSDs und ICSDs Services für die Abwicklung (Settlement), notarielle Dienstleistungen sowie zentrale Konto- und Depotführung anbieten wird es für die Verwahrstellen, die in bestimmten Ländern auf diese Institute mittelbar oder unmittelbar zugreifen, äußerst schwierig zwischen „Verwahrung“ und „Hilfsmittel zur Verwahrung“ (siehe KAGB-Kommentar Nr. 28 zu §74 Abs 5) zu unterscheiden. Dies wäre jedoch entscheidend dafür, ob die umfangreichen Anforderungen an eine Auslagerungskontrolle des CSD / ICSD einschlägig sind oder nicht.

Aus dem aktuellen Stand des Verwahrstellenrundschreibens geht leider auch nicht eindeutig hervor, welche Voraussetzungen zu prüfen sind:

„5.6. Ausnahme für Dienstleistungen von Wertpapierliefer-und Abrechnungssystemen

Ein Unterverwahrverhältnis und die damit einhergehenden speziellen Anforderungen sind im Sinne von §73 Abs. 5 und § 82 Abs. 5 KAGB ausgeschlossen, soweit es sich um Dienstleistungen handelt, die gerade in der Eigenschaft als Wertpapierliefer-und Abrechnungssystemen erbracht werden. Außerhalb dieses engen sachlichen Anwendungsbereichs der Ausnahmen nach §73 Abs. 5 und § 82 Abs. 5 KAGB gelten die Pflichten nach dem KAGB uneingeschränkt. Unternehmen, die ein Wertpapierliefer-und Abrechnungssystem betreiben, können die Ausnahme insoweit nicht geltend machen, wie sie Dienstleistungen erbringen, die auch andere Institute im Rahmen des Depotgeschäfts offerieren.“

Also auch durch die BaFin keine weitere Klarheit zur Abgrenzung. Im Gegenteil: Hier wird nicht auf den in Anspruch genommenen Verwahr- oder Bewirtschaftungsservice des CSD abgestellt, sondern auf die durch andere Institute angebotenen Dienstleistungen.

Die „Ursprungsversion“ der Ausnahmeformulierung aus der AIFMD sei hiermit nochmals ins Gedächtnis gerufen:

„Die Erbringung von Dienstleistungen gemäß der Richtlinie 98/26/EG durch Wertpapierliefer- und Abrechnungssysteme, wie es für die Zwecke jener Richtlinie vorgesehen ist, oder die Erbringung ähnlicher Dienstleistungen durch Wertpapierliefer- und Abrechnungssysteme von Drittländern wird für Zwecke dieses Absatzes nicht als Beauftragung mit Verwahrfunktionen betrachtet.“

Übrigens wird im Zusammenhang mit AIF-Segregationsanforderungen oft darauf hingewiesen, dass diese für CSDs / ICSDs nicht zutreffend seien, weil es sich hier nicht um delegierte Verwahraufgaben handle.


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